Zum Lebenslauf der auf Rügen stationierten Köf 6003 erstellte Achim Rickelt von der Rügenschen Bäderbahn den folgenden Artikel für www.schmalspurbahn-forum.de
, den ich für die Heeresfeldbahn-Seite übernehmen durfte. Vielen Dank!
Die Köf 6003, ein verwirrendes Lokleben
Unsere Köf 6003 gehört zu den unzähligen Exemplaren der Heeresfeldbahngattung HF130C, die noch tatsächlich für das deutsche Heer gebaut wurden.
Leider gibt es für die Lok kein Originalbetriebsbuch mehr. Das heutige Buch ist eine Zweitschrift. So lässt sich der erste Lebensabschnitt nur anhand unterschiedlicher
Literaturquellen einigermaßen anschaulich machen.
Als Baujahr wird im Betriebsbuch 1944 angegeben. Die Lok wurde von Deutz gebaut, die nur relativ wenige HF 130 C lieferten. Das Heeresfeldbahn-Standardwerk von Alfred Gottwald
gibt allerdings an, dass Deutz die HF 130 C nur bis 1942 fertigte und später eigentlich nur noch als Motorenlieferant für einen Großteil der Loks auftauchte. Somit ist schon das
Geburtsjahr nicht eindeutig geklärt. Nicht einmal die Fabriknummer des Rahmens ist genau bekannt. In etlichen Veröffentlichungen ist daher die Nummer des Motors angegeben, die
keine Aussagekraft hat.
Die HF130C wurde nach dem Krieg im Gelände des Depots Mellensee der HF-Ausbildungseinheit Rehagen-Klausdorf betriebsunfähig vorgefunden. Entweder ist sie dort während der
Ausbildung der Eisenbahnpioniere eingesetzt worden, oder sie gelangte von der Ostfront mit rückgeführtem HF-Material hierhin.
Gemeinsam mit der späteren Köf 6001 (Gmeinder 1944) und drei HF 110 C (später DR 99 4651 – 53) wurde sie zur zivilen Nutzung durch die Besatzungsmacht freigegeben, jedoch zunächst
nicht hergerichtet. Die Rbd Berlin ließ sie wohl erst Anfang der 50er Jahre betriebsfähig aufarbeiten und setzte sie auf dem Reststück der ehemaligen Kreisbahn Rathenow – Senzke –
Nauen zwischen Nauen und Kriele ein. Dort wurde sie nach der Stilllegung 1961 entbehrlich und gelangte zu ihrer Kollegin Köf 6001 nach Dahme. Weil dort im Jahre 1965 die
Reststrecke stillgelegt wurde, kamen beide zum Bw Putbus auf die Insel Rügen.
Köf 6003 wurde Rangierlok auf dem Bf. Bergen Ost, wo sie ab 1967/68 dann von Köf 6001 unterstützt wurde, die zunächst in Altefähr rangiert hatte. Die Loks erlebten hier die
nächste Streckenstilllegung 1969 bzw. offiziell 1970 und machten sich für bahninterne Dienste noch bis mindestens 1971 im so genannten "beschränkten Wagenladungsverkehr" bis Trent
nützlich. Seit 1970 trug unsere Köf 6003 die Nummer 100 902, während die Köf 6001 als 100 901 bezeichnet wurde. Ich nenne absichtlich immer die zweite Lok mit. Das wird noch von
Bedeutung sein.
Nachdem die Loks in Bergen nicht mehr gebraucht wurden, wurde es still um sie. Völlig unbeachtet stellte man sie im Gelände des ehemaligen Bf. Bergen Ost ab, ohne sie vorher
wenigstens fachmännisch zu konservieren und zu entwässern. Buchmäßig wurden sie 1973 nochmals umgezeichnet zu 199 001 (Köf 6001/100 901) und 199 002 (Köf 6003/100 902). Ihr
Schicksal schien besiegelt zu sein.
Der Rasende Roland konnte schließlich doch gerettet werden und wurde 1975 zum Denkmal erklärt. Die Strecke Putbus – Göhren befand sich aber in einem erbärmlichen Zustand. So
mussten ca. 21 km von 1976 – 79 rekonstruiert werden. Zum Ziehen der Arbeitszüge erinnerte man sich der beiden Dieselloks und richtete beide Loks in Putbus wieder betriebsfähig
her. Mit den Nummern 100 901 und 902, die eigentlich gültige 199er Nummer wurde nicht angeschrieben, auch wurde keine Selbstkontrollziffer angeschrieben, sollten beide Loks der
Bahnmeisterei Bergen als Zugloks für ihre Arbeitszüge dienen. Sie wurden von Personal der Bahnmeisterei besetzt. 100 902 (Köf 6003) hatte durch Frostschäden erhebliche
Undichtigkeiten am Kühlkreislauf des Motors aufzuweisen, wodurch sie nur als Reservelok diente, während 100 901 (Köf 6001) emsig im Einsatz stand.
Nach 1979 wurde es wieder ruhiger in den Vorbauten der beiden HF130C. Lediglich Rangierdienste mit kalten Dampfloks standen im Bedarfsfall auf dem Programm. Gern wurden mit der
Köf auch Fahrzeuge an der Verladerampe für die Raw-Überführungen rangiert.
Mitte der 80er hatte nun die Deutsche Reichsbahn keine Verwendung mehr für beide Loks und musterte die 100 902 / 199 002 (Köf 6003) aus. Nun begann das Verwirrspiel, das jahrelang
alle Statistiken durcheinander wirbeln sollte. Das Fahrwerk der 100 902 (Köf 6003) befand sich, aufgrund der wenigen Kilometer der letzten Jahre in einem recht guten Zustand. Der
Motor war allerdings, wie beschrieben, kaum zu gebrauchen. So baute die Einsatzstelle Putbus den noch besseren Motor der eigentlich zu erhaltenen 100 901 (Köf 6001) in die
eigentlich ausgemusterte 100 902 ein. Pflichtwidrig wurde nach Sicherstellung etlicher Ersatzteile die 100 901, also die Köf 6001 verschrottet. Damit der Schwindel nicht
auffiel, wurde die 100 902 umgehend in 100 901 umbeschriftet und weiterhin als Rangierlok eingesetzt.
Ende 1990 konnte die 100 901 II erstmals im Raw Halle grundhaft aufgearbeitet werden. Sie verließ das Raw nun mit der offiziellen Nummer 199 001-9 und konnte am 8. Januar 1991
wieder in Betrieb genommen werden. Schließlich erfolgte noch die Umzeichnung in 399 703-8 zum 1. Januar 1992. Zum 100. Jubiläum der Rügenschen Kleinbahn 1995 wurde die Lok neu
lackiert und wieder mit der richtigen Nummer Köf 6003 beschriftet, womit die Welt in Ordnung und völlig verwirrt war.
Die Köf 6003 besitzt seit 1994 einen gut erhaltenen Tauschmotor von Deutz aus dem Jahr 1951, der nur als Antrieb für ein Notstromaggregat gedient und nur wenige Betriebsstunden
erreicht hatte. Er wurde von einem ehemaligen Ehrenlokführer gespendet und läuft sehr zuverlässig.
Heute dient Köf 6003 hauptsächlich als Rangierlok auf dem Bf. Putbus. Ende der 90er, vor der Indienststellung der V 51 901, arbeitete sie auch häufiger im Arbeitszugdienst. Da die
Lok keine Druckluftbremse besitzt und nur 20 km/h schnell ist, sind Streckendienste die Ausnahme. Entsprechend selten sind Fotos der Lok außerhalb von Putbus.

Sonderfahrt im Winter 1988, aufgenommen von Achim Rickelt in Putbus
Anmerkung Florian Rauh:
Wie Achim Rickelt in seinem Beitrag anmerkt, besteht Unklarheit bezüglich der korrekten Fabriknummer der Köf 6003. Angeblich wurde die Lok 1942
mit einer Spurweite von 750 mm nach Rehagen-Klausdorf ausgeliefert. Sofern diese Angaben stimmen, lässt sich die Identität anhand der Deutz-Lieferliste auf die Fabriknummerngruppe
36610 bis 36614 eingrenzen.
Quellen:
- Beitrag Achim Rickelt im www.schmalspurbahn-forum.de
- Deutz-Lieferliste von der Lokomotivfabriken-CD, Jens Merte
- Kleine Eisenbahn-Hefte Nr. 13 von K. Kindelberger